Sehr geehrter Herr Bürgermeister Weigel,
sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,
liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats,
sehr geehrte Damen und Herren,
der Haushaltsentwurf, den Sie Herr Bürgermeister Weigel uns für das Jahr 2024 vorgestellt haben, gibt Anlass zu Optimismus. Diesen Haushaltsplan aufzustellen war sicher wieder keine leichte Aufgabe. Deshalb geht unser Dank auch an den Leiter der Kämmerei Herrn Essig mit seinem Team.
Im Ergebnishaushalt gehen Sie von einem positiven Gesamtergebnis von 0,36 Mio. Euro aus. Sicher, dieses positive Ergebnis kann nur durch veranschlagte Grundstückserlöse von 3,2 Mio. Euro erzielt werden. Aber die Ursache für das negative ordentliche Ergebnis liegt nicht am schlechten Wirtschaften, sondern an der guten Einnahmesituation in den letzten Jahren. Dies führt dazu, dass wir in diesem Jahr 4,5 Mio. Euro mehr an Kreis und Land abführen müssen als im letzten Jahr.
Trotz der großen Herausforderungen der letzten vier Jahre, ausgelöst durch die Pandemie und den Krieg in der Ukraine steht Wendlingen finanziell gut da und kann die Aufgaben wieder ohne Kreditaufnahme bewältigen. Mit den Maßnahmen beim Umbau des Lauterwehrs, bei der Dachsanierung der Sporthalle am Berg, beim Neubau des Wasserwerks, aber auch mit der Planung einer neuen Kita und der Sanierung des Bildungszentrums am Berg sowie beim geplanten Wohnungsbau investiert Wendlingen in die Themen der Zukunft – Naturschutz, Klimaschutz, Daseinsvorsorge und Bildung. Das ist ein Grund zuversichtlich in das begonnene Jahr zu gehen.
Trotzdem können wir verstehen, dass zurzeit viele Menschen verunsichert sind. Die Welt ist im Umbruch. Das politische Gleichgewicht ist zunehmend fragil. Die Auswirkungen des Strukturwandels in der Arbeitswelt durch die Digitalisierung und die Transformation in der Automobilindustrie lassen die Menschen mit Sorge in die Zukunft blicken. Hohe Energiepreise und die Inflation sind eine große Belastung für Familien sowie für viele Rentnerinnen und Rentner.
Es gibt aber auch Gutes zu berichten. Die Inflationsrate geht nach unten und trotz dem Abschalten der letzten Atomkraftwerke war die Energieversorgung gesichert, ohne dass der Anteil der Kohleverstromung stieg. Dies haben wir u. a. dem enormen Zuwachs bei den erneuerbaren Energien zu verdanken, der mittlerweile mehr als 50% des Strombedarfs deckt.
In Sachen Klimaschutz und Nachhaltigkeit hat sich auch in Wendlingen im vergangenen Jahr einiges bewegt. Mit dem Klimaschutzmanager wurde die Kommunale Wärmeplanung auf den Weg gebracht. Wendlingen hat sich im Konvoi mit anderen Kommunen aufgemacht, um potenzielle Wärmequellen für ein zukünftiges Nah- bzw. Fernwärmenetz zu erkunden. In Zukunft müssen Hausbesitzer bei einer Sanierung ihrer Heizungsanlage ohne bzw. mit weniger fossilen Brennstoffen auskommen. Hier eröffnet sich für die Kommune die Chance, durch frühzeitige Planung eines Wärmenetzes Bürgerinnen und Bürgern ein Angebot zu unterbreiten, das auch für die Umwelt Vorteile bringt. Es ist dabei wichtig Planungssicherheit zu schaffen durch die rechtzeitige Festlegung der Quartiere und die Erstellung eines Zeitplans.
Außerdem wird das Klimaschutzkonzeptfortgeschrieben. Mit der Gründung der Stadtwerke Wendlingen am Neckar mit den Bereichen Wasser-, Strom- und Wärmeversorgung im November 2023 wurden die Voraussetzungen für eine CO 2 neutrale Strom- und Wärmeerzeugung geschaffen. Leider hat sich dadurch der Bau der Freiflächen-PV-Anlage sowie der PV-Anlage auf der Johannes-Kepler-Realschule und der Gartenschule weiter verzögert. Wir hoffen, dass die Verträge mit den Partnern bald geschlossen werden können, damit die Anlagen baldmöglichst gebaut werden können.
Des Weiteren haben wir uns in der Fraktion Gedanken zu weiteren Flächen für Freiflächen-PV-Anlagen gemacht. Wir beantragen eine Prüfung, ob die Wasserfassung im Wert dafür geeignet ist. Die Flächen entlang der Autobahn, Bahntrasse und Bundesstraße sind schon länger im Blick für Freiflächen-PV, jedoch sind die Verhandlungen mit den vielen Grundstückseigentümern sehr aufwendig. Wir beantragen deshalb zu prüfen, ob eine Bündelung der Anrainerkommunen für die Verhandlungen sinnvoll ist, ähnlich der Konvoi-Lösung bei der Wärmeplanung.
Wir Grünen freuen uns, wenn im Rahmen des Energie-Förderprogramms die von uns im letzten Jahr beantragte Förderung von Balkonkraftwerken heute beschlossen wird und wir hoffen sehr, dass auch noch in diesem Jahr eine ebenso von uns beantrage Bündelaktion zum Bau von PV-Anlagen starten kann. Ziel der Bündelaktion ist, Hauseigentümer im gesamten Prozess von der Planung bis zur Bauabnahme zu unterstützen. Eine Begleitung dieser Aktion durch das Klimaforum wäre ideal.
Erfolgsmeldungen zur Emissionsminderung im Verkehr können bisher nicht vermeldet werden. Im Gegenteil - der Verbrauch von Benzin und Diesel und damit der CO 2-Ausstoß ist im vergangenen Jahr im Straßenverkehr erneut angestiegen. Leider bietet die Bahn mit ihren Problemen zurzeit keinen großen Anreiz zum Umstieg auf die Schiene. Uns ist dennoch wichtig, dass wir auf nachhaltige und moderne Mobilität setzen.
Im Herbst 2023 hat sich der Gemeinderat intensiv mit der Verkehrssituation befasst und Hauptachsen für den Radverkehr festgelegt. Nun gilt es Maßnahmen, die die Nutzung des Fahrrads fördern und sicherer machen zügig umzusetzen.
Nachdem die Planung für die Umgestaltung der Kreuzung Unterboihingerstraße/Schillerstraße bereits beauftragt wurde, stellen wir den Antrag, die Planung der Unterboihingerstraße über die Germania-Kreuzung hinweg bis zur Weberstraße sowie in die andere Richtung bis zum Kreisel am Dorog-Platz als nächstes zu planen. Wir denken dabei insbesondere an markierte Sicherheitstrennstreifen zum ruhenden Verkehrin der Unterboihinger- und Brückenstraße, Radabstellflächen sowie an Radaufstellflächen an der Germania-Kreuzung.
Die Auswirkungen des Klimawandels haben wir im vergangenen Sommer erneut zu spüren bekommen. Der heiße, trockene Sommer und monsunartige Regenfälle haben uns wieder vor Augen geführt, auf was wir uns einstellen müssen. Auch wenn wir jetzt konsequent alle notwendigen Maßnahmen umsetzen, können wir den Prozess nicht rückgängig machen. Zum Schutz vor den Folgen der Klimaveränderung sind die Themen Wasserspeicher und Stadtgrün wichtige Bausteine. Deshalb sprechen wir Grünen uns erneut dafür aus, erste Maßnahmen zur Beschattung des Marktplatzes umzusetzen, falls wir beim beantragten Förderprogramm in diesem Jahr nicht zum Zuge kommen.
Wer in seinem Garten eine Regentonne oder Zisterne hat, weiß das im Frühling und Sommer zu schätzen. Mit gespeichertem Regenwasser lässt sich kostbares Trinkwasser sparen. Das schont nicht nur den Geldbeutel, sondern auch die Umwelt. Der Evangelische Friedhofsverband Berlin hat in einem groß angelegten Projekt bewiesen, dass dies auch auf einem Friedhof funktionieren kann. Dort sammelt eine große Zisterne den Regen vom Dach eines benachbarten Gebäudes, vom Hof und von Parkplätzen, um die Friedhofsvegetation grün zu halten. Statt mit Trinkwasser werden nun Rasen, Bäume und Sträucher mit Regenwasser bewässert. Da der sparsame Umgang mit kostbarem Trinkwasser immer mehr an Bedeutung gewinnt, stellen wir den Antrag zu prüfen, ob sich der Bau von Zisternen auf unseren Friedhöfen realisieren lässt.
Neben der Klimakrise sind dasInsektensterben und allgemein der drastische Artenschwund eine der größten Gefahren für die Ernährung der Menschheit. Der Rückgang der Artenvielfalt bedroht die Funktionsfähigkeit natürlicher und landwirtschaftlicher Ökosysteme. Auf den privaten Grundstücken werden aber immer noch Flächen versiegelt und Schottergärten angelegt. Im letzten Jahr hat der Gemeinderat aufgrund unseres Antrags ein Förderprogramm mit einem finanziellen Anreiz für die Flächenentsiegelung und den Rückbau von Schottergärtenbeschlossen. Wir bitten um einen Bericht zur Wirksamkeit des Förderprogramms im ersten Halbjahr 2024.
Um Menschen mit niedrigem Einkommen eine Chance auf dem angespannten Wohnungsmarkt zu geben, unterstützen wir den Bau von preisgünstigen Wohnungen im Bereich Taläcker. Diesen Weg wollen wir weiterverfolgen, indem wir den Antrag stellen, die Stadtbau Wendlingen beim Bau von kleinen Wohneinheiten im Zuge der energetischen Sanierung von Bestandsbauten mit der Bereitstellung eines Kredits zu unterstützen. Mit diesen Maßnahmen wollen wir gleichzeitig die Bauwirtschaft stützen.
Die Stärkung der Innenstadt ist uns Grünen ein großes Anliegen. Aus unserer Sicht spielt das Gebäude Hotel Erbschenk in der Unterboihingerstraße nach wie vor eine wichtige Schlüsselrolle im Innenstadtbereich. Die Gebäudesubstanz ist unserer Information nach in einem relativ guten Zustand. Das Gebäude könnte verschiedenen Nutzungen zugeführt werden, nicht zuletzt der so wichtigen Wohnraumgewinnung. Wir beantragen daher, dass die Verwaltung die weitere Entwicklung beim „Hotel Erbschenk“ intensiv beobachtet und ggfls. bei einer anstehenden Veräußerung dies wieder auf die Tagesordnung des Gemeinderats setzt.
An zentraler Stelle kommt dem ehemaligen Norma-Gebäude in der Albstraße eine gewisse Bedeutung zu. Wir Grünen wünschen uns im Erdgeschoss ein Bistro oder ein Cafe, im ersten Obergeschoß Praxisräume für unsere Hausärzte und im zweiten Obergeschoß Wohnungen. Speziell Hausärzte müssen fußläufig erreichbar sein. Zusammen mit einem Gastronomiebetrieb beleben sie die Innenstadt. Vor dem Abriss sollte die Bausubstanz im Sinne der Nachhaltigkeit geprüft werden.
Schon seit längerem beobachten wir, dass die Attraktivität des Wochenmarktes an Dienstagen und Samstagen kontinuierlich abnimmt. Es stellt sich die Frage, was dem entgegengesetzt werden kann und welche Maßnahmen entwickelt werden können. Wir sehen den Wochenmarkt als wichtiges Element der Innenstadtentwicklung. Deshalb braucht es gute Ideen, um an der Attraktivität des Marktes vor der Coronazeit anknüpfen zu können. Wir beantragen daher, dies baldmöglichst auf die Tagesordnung zu setzen.
Ein gut ausgebautes Bildungs- und Betreuungsangebot sorgt für Chancengerechtigkeit und schützt Familien mit Kindern vor Armut. Frauen stehen als Fachkräfte dem Arbeitsmarkt zur Verfügung und haben durch gute Betreuungsangebote in Kitas und Schulen die Möglichkeit, sich einen eigenen auskömmlichen Rentenanspruch aufzubauen. Wir unterstützen deshalb das Anliegen der Stadtverwaltung noch im laufenden Jahr eine weitere Gruppe im Naturkindergarten einzurichten und in die Planung einer weiteren Kindertageseinrichtung einzusteigen. Uns Grünen ist es aus pädagogischen Gründen wichtig, dass wir bei kleineren Einheiten mit maximal vier bis fünf Gruppen bleiben.
Ein großes Problem ist aber die Gewinnung von Fachkräften trotz vieler Ausbildungsoffensiven. Die Zahl der pädagogischen Fachkräfte ist seit der Einführung des Rechtsanspruchs für Kinder unter drei Jahren im März 2013 von 465 000 auf 702 000 gestiegen. In den Kitas arbeiten zwischenzeitlich mehr Fachkräfte als in der Autoindustrie. Und trotzdem haben in Deutschland laut der Bertelsmann Stiftung aktuell 430 000 Kinder keinen Kitaplatz, weil immer noch 100 000 Fachkräfte fehlen, um den Bedarf zu decken. Dies liegt daran, dass immer mehr Kinder unter drei Jahren den Rechtsanspruch in Anspruch nehmen und die Öffnungszeiten in den vergangenen Jahren immer länger wurden. Eine schnelle Lösung von Land und Bund ist nicht in Sicht. Wir sollten deshalb auf kommunaler Ebene klären, wie ein verlässliches Betreuungsangebot aussehen kann, ohne das Kindeswohl und die Rechte der Kinder, aber auch nicht die Bedarfe der Eltern aus den Augen zu verlieren.
Solange die Ressourcen knapp sind, müssen wir sie deshalb so verteilen, dass Verlässlichkeit entsteht und dass kein Kind benachteiligt wird und auf der Straße steht. Ganz besonders gilt das auch für Kinder aus benachteiligten Familien und für Kinder, die unsere Sprache erst noch lernen müssen.
Im letzten Jahr haben wir deshalb einen Kriterienkatalog für die Vergabe der Kita-Plätze beschlossen. Wir stellen den Antrag, dass im Kindergartenausschuss bei der nächsten Sitzung darüber berichtet wird, ob sich der Kriterienkatalog bewährt hat oder ob es Nachsteuerungsbedarf gibt.
Der steigende Betreuungsbedarf setzt sich in der Schule fort. Längere Betreuungszeiten für Schulkinder stellen andere Erfordernisse an die Qualität der Schulkindbetreuung. Zurzeit werden die Eltern der zukünftigen Schulkinder über die Möglichkeiten der Ganztagsgrundschule informiert. Wir sind sehr gespannt in welche Richtung der Bedarf der Eltern geht. Es ist absurd, dass ausgerechnet jetzt, wenn berufstätige Frauen nicht mehr als Rabenmütter bezeichnet werden, der Betreuungsbedarf nicht in vollem Umfang gedeckt werden kann.
Wir beantragen deshalb, eine institutionsübergreifende Arbeitsgruppeeinzurichten, die sich mit der Ausgestaltung eines verlässlichen Angebots sowohl für den frühkindlichen Bereich als auch für die Ganztagsgrundschulebefasst.
Nochmals zu den Kitas. Im Dezember 2023 wurde das Kindertagesbetreuungsgesetz an die bundegesetzliche Norm angeglichen. Wo bisher die gemeinsame Förderung von „Kindern mit Behinderungen und Kindern ohne Behinderung“ durch den Satz „sofern der Hilfebedarf dies zulässt“ eingeschränkt wurde, entfällt dieser einschränkende Passus.
Neu festgelegt ist: „Die besonderen Bedürfnisse von Kindern mit Behinderungen und von Kindern, die von Behinderung bedroht sind, sind zu berücksichtigen“.
Die Stadt Wendlingen erfüllt bereits einen Teil dieser Aufgabe mit dem 2023 gefassten Beschluss, Integrationskräfte einzustellen. Die besonderen Bedürfnisse dieser Kinder sind jedoch im Kita-Alltag von allen Fachkräften zu berücksichtigen. Viele Fachkräfte erleben diese Aufgabe, verstärkt durch Personalengpässe, als große Herausforderung. Eine bedeutsame Unterstützung der Fachkräfte, kann die Qualifizierung und Begleitung von Kitas im Inklusionsprozess darstellen. Ein Beispiel für die positive Wirkung dieses Qualifizierungsprozesses ist die Stadt Wernau, die sich bereits vor ca. 10 Jahren auf diesen Weg gemacht hat. Wir beantragen, dass die Verwaltung diese Möglichkeit der Qualifizierung und Begleitung für die Wendlinger Kitas prüft.
Zum Schluss möchten wir an die Sanierung des Jugendhauses erinnern. Wieder sind Mittel dafür eingestellt. Wir begrüßen, dass die Arbeiten in diesem Jahr endlich umgesetzt werden und die Sanierung zum Abschluss kommen soll.
Ihnen, Herr Bürgermeister Weigel, danken wir für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und für Ihren optimistischen Blick auf das vor uns liegende Jahr. Wir alle sollten zusammenstehen, die Herausforderungen annehmen und angstfrei die Aufgaben angehen.
Unser Dank geht an alle Bürgerinnen und Bürger, die sich im vergangenen Jahr ehrenamtlich zum Wohle unserer Stadt eingebracht haben. Dies stärkt den Gemeinsinn und bereichert unser Zusammenleben.
Abschließend geht unser Dank an die Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat für die faire Zusammenarbeit. Auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind, strittige Debatten sind bekanntlich das Lebenselixier der Demokratie. Für unsere Demokratie sollten wir zusammenstehen – besonders vor den kommenden Wahlen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
(gez.) Ursula Vaas-Hochrad
Fraktionsvorsitze